Zugspitze 2020

‚Über das Reintal auf Deutschlands höchsten Gipfel‘

12. August 2020.Gitka.0 Likes.0 Comments

Der Stachel saß dann wohl doch tiefer als gedacht. Insgesamt wanderten wir im Juni 9 Stunden lang über Stock und Stein, mussten uns aber schließlich auf Grund etwas so banalen wie Schnee geschlagen geben. Was blieb war die Erkenntnis dass wir es eben nicht geschafft hatten. Grund genug also um das Projekt Zugspitze 2.0 zu starten.

Also alle Wandersachen zusammengepackt und hinauf nach Garmisch-Partenkirchen. Passenderweise hatte es 4 Tage zuvor ordentlich geschneit (ja, im August). Am Vorabend wurde noch das Taxi bestellt, welches uns gegen 4:30 Uhr zum Skistadion in Garmisch-Partenkirchen bringen sollte. Um 4 Uhr an diesem schönen Samstagmorgen klingelt der Wecker und wir springen voller Elan aus den Betten (ihr müsst mir das einfach glauben denn Zeugen gab es zu dieser unchristlichen Zeit nicht).

Das Taxi wartet bereits und setzt uns 4:40 Uhr am Skistadion ab. Hier beginnt unsere Wanderung über das Reintal zur Zugspitze. Wir laufen zunächst in völliger Dunkelheit, nur der hüpfende Kegel der Stirnlampe erhellt den Weg vor uns. Bereits zu so früher Stunde sind wir nicht allein auf der Strecke. Das erste, uns bereits bekannte Teilstück, führt uns an der Partnachklamm rechts vorbei. Der Weg über die Klamm ist erst später geöffnet, sodass eine Umgehung unumgänglich ist. Die asphaltierte Straße schickt bereits erste schmerzhafte Impulse an unsere noch müden Waden. Stetig bergauf geht es zunächst zur Partnachalm. Der Himmel wird langsam heller und schließlich wartet auch schon die erste Überraschung auf uns. Nach den starken Regenfällen Anfang der Woche wurde ein Teil der Straße weggerissen und auf 10 bis 15 Meter unterspült. Der Hohe Weg oberhalb der Partnachalm in Richtung Reintalerhof war somit gesperrt. So geht es für uns an der Alm vorbei und stetig bergab bis zur Partnach. Den vorhergehenden Anstieg hätten wir uns da wohl schenken können. Weiter geht es schließlich immer entlang der Partnach bis wir wieder auf unsere ursprüngliche Route kommen. Es geht über breite Forstwege und schließlich über kleinere Waldpfade. Die Sonne traut sich noch immer nicht über die Berge, von den angekündigten 28° ist nichts zu spüren. Das Rauschen des Flusses begleitet uns dann bis zu unserem ersten Etappenziel, der Bockhütte. Hier kommen wir nach 10 Kilometern und 2,5 Stunden kurz nach 7 Uhr an. Die privat bewirtschaftete Hütte hat zwar an den Wochenenden geöffnet, aber eben nicht um 7 Uhr morgens. Wir genehmigen uns also die selbst geschmierten Brote und bedecken uns vorsorglich bereits mit einer ordentlichen Schicht Sonnenschutz.

Vom Skistadion Garmisch-Partenkirchen zur Bockhütte

Von der Bockhütte zur Reintalangerhütte

Der nächste Streckenabschnitt führt immer entlang der Partnach, teils direkt in der Sonne, teils in schattigen Waldabschnitten. Die Strecke ist, anders als im Juni, stark frequentiert, immer wieder werden wir von Trail-Läufern und Wandergruppen überholt. Der Weg beweist uns hier warum er zu den landschaftlich schönsten Routen zur Zugspitze gehört. Vorbei am Partnachwasserfall, die steilen Felswände links und rechts von uns und das kristallklare Wasser lenken einen fast von der Anstrengung ab. Auf den 5,2 Kilometern zur Reintalangerhütte steigen wir weitere 322 Höhenmeter hinauf. Die Reintalangerhütte liegt auf einer Höhe von 1366 m ü. NN  im Wettersteingebirge am Ende des Reintals. Hier kommen wir kurz vor 9 Uhr an und sehnen bereits dem ersten Kaffee entgegen. Leider hat für unsere Koffein-Sucht heut so niemand Verständnis. Die Mitarbeiter der Hütte haben Pause und der obendrein bestehende Stromausfall verhindert zudem, dass wir unsere Trinkblasen auffüllen können. Nach einer kurzen Verschnaufpause geht es also ohne Kaffee und ohne Wasser weiter.

Von der Reintalangerhütte zur Knorrhütte

Wir überkreuzen die Partnach und folgen dem Weg durch das Tal, bevor dieser schließlich steil  gegen das Zugspitzplatt ansteigt. Das dritte Teilstück steht unter dem Motto steil, steiler, am steilsten. Jetzt in der erbarmungslos auf uns niederprasselnden Sonne, läuft der Schweiß nur so in Strömen. Der Wasservorrat geht so langsam zur Neige. Die wenigen schattigen Stellen im Schutz der Felswände werden für kurze Pausen genutzt. Den im Zick-Zack verlaufenden Weg sieht man dank bester Sichtverhältnisse bereits von Weiten, sowie auch die im Gänsemarsch hinauf steigenden Wanderer. Hinter jedem Felsvorsprung kommen neue Abschnitte und der Weg kommt uns viel länger vor als beim letzten Mal. Und das obwohl das gefürchtete Geröllfeld noch vor uns liegt. Die Bäume weichen recht schnell kleineren Büschen bevor der Weg in eine karge Steinlandschaft übergeht. Die gute Fernsicht zeigt uns dann schließlich dass das verhasste Geröllfeld neben uns liegt und wir heute scheinbar einen anderen Weg eingeschlagen hatten. Etwas überraschend taucht dann auch schon die Knorrhütte vor uns auf. Am Fuße der Hütte findet sich eine Wasserstelle, welche sogleich unser erster Anlaufpunkt wird. Gefühlte 3 Liter Schweißverlust müssen erst einmal kompensiert werden. Die Knorrhütte liegt auf einer Höhe von 2051 m ü. NHN und liegt direkt an der Schwelle des Zugspitzplatts. Auf den letzten 3,1 Kilometern hatten wir nun 685 Höhenmeter bewältigt. 11:30 Uhr gönnen wir uns unseren ersten Kaffee in der überfüllten Hütte. Viele nutzen hier die Gelegenheit für eine Übernachtung, wir jedoch sind noch nicht am Ende.

Von der Knorrhütte über das Zugspitzplatt

Es folgt der schweißtreibende Anstieg über das Zugspitzplatt in mitten der immer höher steigenden Sonne. Nachdem wir im Juni von Schneefeld zu Schneefeld gestapft waren, sehen wir heute, auch durch die zahlreichen Wanderer vor und hinter uns, den richtigen Weg. Ab der Knorrhütte stoßen auch die Wanderer der Tour über das Gatterl zum Gipfelaufstieg. Hier wird es nun also zunehmend voller. Von den einstigen Schneefeldern kaum noch eine Spur. Direkt nach Verlassen der Knorrhütte erhaschen wir bereits einen Blick auf das Kircherl ‚Maria Heimsuchung‘ auf dem Zugspitzplatt, unserem nächsten Zwischenziel. Der Weg wartet zwar mit weniger steilen Anstiegen wie noch zuvor auf, zieht sich jedoch auf Grund der Fernsicht schier endlos in die Länge. Über die Steinwüste geht es über einen Hügel nach dem anderen. Das Kircherl möchte aber auch einfach nicht näher kommen. Schließlich sieht man schon den Gipfel rechts neben einem steil hinauf ragen, die schon aus der Ferne zu sehenden Gondeln bringen die Besucher vom Gipfel zum Gletscher. 13:50 Uhr sind wir schließlich wieder dort wo wir bereits im Juni standen. Mitten auf dem Zugspitzplatt, die Gipfelstation und das Goldene Gipfel-Kreuz direkt vor uns in 2.962 Metern Höhe. Für die Strecke von 3 Kilometern und gut 500 Höhenmetern haben wir diesmal, dank fehlender Tiefschneepassagen, lediglich 1,5 Stunden gebraucht.

Vom Zugspitzplatt zum Gipfel

Nach einer kurzen Pause wagen wir uns schließlich auf das letzte Teilstück. Zunächst geht es über das gefürchtete Geröllfeld. Hier lautet die Devise zwei Schritte vor, einen halben zurückgerutscht. Das zieht dann auch nochmal ordentlich an den Kraftreserven, wenn gleich wir uns das deutlich schlimmer vorgestellt hatten. Nach dem Geröllfeld werden zunächst die Wanderstöcke verstaut. Die Gipfelstation lacht uns bereits an, der weitere Weg verläuft auf Felsvorsprüngen und einigen ausgesetzten Passagen, zum Teil durch Seile abgesichert. Wiederum geht es in einem stetigen Zick-Zack immer weiter hinauf. Vorbei am Schneefernerhaus und schließlich genießt man einen fantastischen Blick auf den zurückgelegten Weg, das Zugspitzplatt und das Bergpanorama der Alpen dahinter. Mit zunehmender Höhe erblicken wir dann auch die Tiroler Zugspitzbahn und schauen hinab bis nach Ehrwald und zur Neustädter Hütte. Immer mit Blick auf die Gipfelstation, die einfach nicht näher kommen will. Wann gibt’s denn nun das versprochene Bier? Das Prinzip folgt einem jeden Tough Mudder, das Bier gibt’s im Ziel. Also weiter hinauf, Schritt um Schritt. Der Weg ist gut abgesichert, schwindelfrei und trittsicher sollte man aber auf jeden Fall sein. Noch ein paar Steinstufen und dann geht es über die Stahltreppe hinauf zum Münchner Haus. Im zweiten Anlauf haben wir es nun doch geschafft, die Besteigung der Zugspitze über das Reintal an einem Tag, oder eben 9 Stunden und 4 Minuten. Der letzte Anstieg hatte es mit einem Kilometer, 390 Höhenmetern in 1,5 Stunden noch einmal ordentlich in sich.

Die Freude über das Erreichte wird dann lediglich dadurch getrübt, das der Gipfel in den Wolken verschwindet und das Münchner Haus bereits um 15:30 Uhr seine Pforten schließt. Service-Wüste Deutschland. Zu unserem wohlverdienten Gipfelbier und einer ordentlichen Portion Kaiserschmarren kommen wir dann aber doch noch. Für den Abstieg nutzen wir wiederum die Zugspitz-Seilbahn hinab zum Eibsee. Wir durchbrechen die Wolkendecke und schon erstreckt sich der türkisblaue See vor uns. Die Fahrt mit der Seilbahn ist jedes Mal aufs Neue ein Highlight und ein toller Abschluss eines gelungenen Tages.

Am Ende stehen 22,3 Kilometer, ein Aufstieg von 2.455 Höhenmetern und eine reine Laufzeit von 9 Stunden und 4 Minuten auf der Haben Seite und natürlich der Stolz es geschafft zu haben. Wenn gleich die Tour über das Reintal zu den einfachen Varianten der Zugspitzbesteigung zählt, sollte sie nicht unterschätzt werden. Eine gute Kondition, aber auch alpine Erfahrung mit entsprechender Trittsicherheit sind absolute Grundvoraussetzungen. Mit einer Übernachtung, beispielsweise auf der Knorrhütte, lässt sich das Ganze zudem entschärfen.

Wir jedoch stürzen uns schon mal in die Recherche zur nächsten Herausforderung.

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