Travemünde – Dorfrepublik Rüterberg

03. Juli 2021

7. September 2021.Gitka.0 Likes.0 Comments

Es war einmal zu einer Zeit, in welcher die dritte Corona Welle ins Stottern geriet, kurz vor der vierten Welle und lange vor der 117. Welle. Die Reiselust packte uns erneut. Die Idee einmal die ehemalige innerdeutsche Grenze abzufahren, nahm bereits einige Monate zuvor Gestalt in unseren Gedanken an. Quasi unterwegs auf den Spuren einer Zeit in der Grenzen geschlossen waren, in der die für uns heute geltende Reisefreiheit nur ein Wunsch war und das heute größte Naturschutzgebiet Deutschlands als Todesstreifen galt.

Der ca. 1400 km lange Streifen entlang der ehemaligen deutschen Grenze wird als grünes Band bezeichnet und erstreckt sich von Travemünde bis zum Dreiländereck bei Hof. Der Streckenverlauf ist also schon mal geklärt. Wir starten unsere Tour in Travemünde, am nördlichsten Punkt der Grenze zwischen Ost und West. Wir kommen in Travemünde an und überfahren die ehemalige Grenze ohne Grenzkontrolle und Stau. Lediglich ein Gedenkstein, der die Worte ‚nie mehr geteilt – 03. Febr. 1990‘ trägt, zeugt von der Trennung Deutschlands vor über 30 Jahren. Wir verbringen noch ein paar Minuten am Strand und setzen unsere Tour schließlich in Richtung Lübeck fort.

Auf dem Weg begegnen wir bereits dem ersten Grenzturm, welcher unscheinbar am Straßenrand steht. Jeder Grenzübertritt wird begleitet von einem Schild, welches uns auf die Teilung Deutschlands und Europas aufmerksam macht. Interessanter Weise variieren die Daten der Grenzöffnungen ganz erheblich. Die ehemaligen Grenzanlagen sowie die Hinweisschilder werden die nächste Woche zu unserem ständigen Begleiter.

In Lübeck angekommen werden wir unsere Geschosse direkt an der Trave auf einem Wohnmobil-Parkplatz los. Von dort sind es nur wenige Schritte bis in die Lübecker Innenstadt. Wir drehen eine kleine Runde durch die schöne Lübecker Altstadt. Vorbei am Burgtor geht es entlang der großen Burgstraße direkt ins Lübecker Herz. Die Bauten im Stil der Backsteingotik dominieren das Stadtbild. Ausgehend vom Markplatz geht es schließlich noch zum Wahrzeichen der Stadt, dem Holstentor. Der Rückweg führt uns wiederum entlang der Trave. Zu guter Letzt darf ein Besuch im Lübecker Marzipan-Speicher natürlich nicht fehlen.

Weiter geht es entlang der Grenze zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Der Plan ist dabei so oft wie möglich die ehemalige Grenze zu kreuzen. Wir fahren auf der Ostseite des Ratzeburger See entlang, stetig Richtung Süden. Einen spontanen Abstecher machen wir am Grenzhus Schlagsdorf, welches wir durch zahlreiche Hinweisschilder entdecken. Für 4€ lässt sich das Grenzmuseum besuchen. Als größtes und wichtigstes Grenzmuseum in Mecklenburg-Vorpommern lässt es sich hier in die Geschichte der innerdeutschen Grenze eintauchen. Highlight ist dabei vor allem der fußläufig zu erreichendem Außenbereich. Hier sind Elemente der Sperranlagen aus originalen Teilen wieder aufgebaut wurden. So lassen sich ein alter Wachturm sowie die Grenzzaunanlagen bestaunen und geben einen guten Überblick über die unterschiedlichsten Hindernisse der damaligen Zeit.

Durch Zarrentin am See hindurch geht es weiter bis wir die Elbe erreichen. Wir folgen dem Fluss stromaufwärts zu dem kleinen, unscheinbaren Örtchen Rüterberg. Ein zweites Ortseingangsschild weist auf die ‚Dorfrepublik Rüterberg‘ hin und gibt damit einen ersten Hinweis auf das historische Ereignis, welches sich hier am 08. November 1989 stattfand. Der kleine Ort liegt auf einer Landzunge an der Elbe, welche auf 95 Kilometern die Grenze zwischen der britischen und sowjetischen Besatzungszone bildete. Rüterberg wurde damit zum Grenzort und ab 1967 zusätzlich durch einen Zaun abgesperrt. Der Unmut der Anwohner entlud sich schließlich in einer Versammlung am 8. November 1989. Nach Schweizer Vorbild wurde der Ort zur ‚Dorfrepublik‘ erklärt, um sich somit eigene Gesetze schaffen zu können. Ob diese kleine Revolte tatsächlich Früchte getragen hätte, wird man wohl nie erfahren denn einen Tag später wurde in Berlin die deutsch-deutsche Grenze geöffnet.

Der Ort verfügt über einen Wohnmobilstellplatz mit 10 Stellplätzen, welche jedoch allesamt bereits ausgebucht waren. Freundlicherweise wurde uns die großzügige Parkwiese angeboten, auf welcher wir schließlich unser Nachtlager aufschlugen. Ein kleiner postprandialer Spaziergang führt uns noch zur Gedenkstätte Rüterberg, bestehend aus einem Stück des ehemaligen Grenzzaunes und einem Gedenkstein. Weiterhin lässt sich hier noch ein alter Grenzzaun bestaunen, welcher heute als Ferienwohnung gemietet werden kann. Auf einem benachbarten Aussichtsturm dürfen wir dann noch den Sonnenuntergang über der Elbe bestaunen.

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