Zugspitze über das Reintal

17. Juni 2020

3. August 2020.Gitka.0 Likes.0 Comments

Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen als Wanderneuling, quasi absoluter Beginner (wenn man die Männertagswanderungen mal außen vor lässt), auf das Dach Deutschlands zu steigen. Warum sollten wir uns in unserem Urlaub (über die Definition müssen wir wohl noch einmal nachdenken) auf den höchsten deutschen Gipfel steigen? Weil es eine Herausforderung ist. Weil uns viele das nicht zutrauen.  Oder um es mal mit George Mallorys Worte auszudrücken „Weil es ihn gibt.“

Also hüpfen, ok vielleicht ist hüpfen hier nicht das richtige Wort, wir um 4:15 Uhr aus den Betten, führen eine schnelle Katzenwäsche durch, packen die am Vorabend geschmierten Brote ein und Befüllen die Trinkblasen und Flaschen. 5:18 Uhr bringt uns der Bus zum Skistadion Garmisch. Hier startet unsere Tour. Wir haben uns bewusst für diese der insgesamt 4 möglichen Touren entschlossen. Zum einen weil als Wanderneulinge nur diese und die Tour über Ehrwald in Frage kamen und zum anderen weil eben (Danke Corona) die österreichischen Bergbahnen noch nicht fahren und wir so einige Probleme mit der An- und Abreise gehabt hätten. Die Tour über das Reintal sollte mit einer Übernachtung, besser zwei absolviert werden (O-Ton Reiseführer). Wir planen das Ganze an einem Tag. Noch jemand Zweifel daran das wir nicht ganz dicht sind?

Das erste Teilstück unserer Tour führt uns zur Bockhütte. Typischerweise sollte das erste Stück durch die Partnachklamm verlaufen, da diese jedoch außerhalb der Sommermonate erst um 8 Uhr seine Tore öffnet, bleibt uns nichts weiter übrig als diese zu umgehen. Wir entscheiden uns für die kürzere Umgehung rechts der Klamm. Über eine asphaltierte Straße geht es erst einmal 2 km und 150 hm steil bergauf. Quasi als erste Einstimmung, oder eben Abschreckung, je nachdem wie man es sieht. Wir jedenfalls begannen bereits zu zweifeln, definitiv ist das hier nicht die Besteigung des Czornebohs.

Also Zähne zusammen beißen und weiter stetig bergan bis wir schließlich die Straße verlassen und auf gemütliche Waldwege wechseln. Vorbei an der Partnachalm und schließlich werden wir auch schon mit den ersten Panorama Ausblicken verwöhnt. Der Blick vom hohen Weg aus entschädigt dann doch für die ersten Anstrengungen. Durch den Wald geht es schließlich recht gemütlich bergab (ja tatsächlich bergab) und dann eben auch wieder bergauf. Hier sollte man sich an die Beschilderungen halten, einige sich kreuzende Waldwege führen zwar allesamt zur Bockhütte, aber nicht alle verlaufen eben. Nach gut 2,5 h kommen wir schließlich an unserem ersten Zwischenziel, der Bockhütte, an. Die Privat bewirtschaftete Hütte hat zwar nur am Wochenende geöffnet, die zahlreichen Bänke bieten uns trotzdem Platz genug für eine kleine Rast. Insgesamt liegen somit bereits 9,5 km hinter uns. Die Hütte befindet sich auf einer Höhe von 1.054 m. Noch ein weiter Weg bis zum Gipfelkreuz.

Ausblick vom hohen Weg

Das nächste Ziel ist dann die Reintalangerhütte. Wir hatten uns persönlich als Zeitlimit 11 Uhr gesetzt um diese zu erreichen. Bei einer Laufzeit von mehr als 5 Stunden würden wir es sonst nie rechtzeitig zum Gipfel schaffen. Der Weg verläuft jetzt durch das Reintal immer entlang der Partnach. Das kristallklare Wasser und die sich vor uns auftürmenden Berge sind unglaublich. Der Weg verläuft gemächlich ansteigend durch Waldabschnitte, aber auch am Fluss entlang in der Sonne. Landschaftlich ein unglaublich schöner Wanderabschnitt. Hier und da prasseln Wasserfälle an den steilen Felswänden hinab. Die 5,2 km vergehen dabei fast wie im Flug. 1,5 h später, gegen 10:15 Uhr kommen wir an der Reintalangerhütte an. Idyllisch gelegen, direkt am Ufer der Partnach, genehmigen wir uns hier einen Kaffee und machen die erste längere Rast.

Reintalangerhütte

Wir nutzen hier auch die Gelegenheit unsere Trinkblasen bzw. Wasserflaschen neu zu befüllen. Das sollte man bei jeder sich bietenden Gelegenheit auch tun, denn man weiß schließlich nicht wann einem wieder die Möglichkeit geboten wird. Wir liegen recht gut in der Zeit, ein Hauptteil der Wegstrecke ist geschafft. Von den insgesamt 22 km liegen bereits knapp 15 km hinter uns, jedoch leider erst ein Bruchteil der Höhenmeter.

Das wird uns spätestens ein paar Minuten nach Verlassen der Reintalangerhütte bewusst. Der sich in den Berg hinein schlängelnde, steile Pfad, welchen wir kurze Zeit später sehen, gibt uns bereits einen kleinen Vorgeschmack auf das was jetzt auf uns zukommt. Das nächste Ziel ist die Knorrhütte auf einer Höhe von 2.050 m, und das bedeutet schließlich einen Höhenunterschied von 675 Metern bei einer Strecke von gerade einmal 3,2 km. Die Trekkingstöcke werden nun ausgepackt (das würde sich aber tatsächlich auch schon vor der Reintalangerhütte anbieten), wir verstauen die Jacken in den Rucksäcken und beginnen mit dem Aufstieg. Die ersten Meter verlaufen zwar steil aber abwechslungsreich. Lohnenswert ist der Blick zurück auf den Weg den man bereits bewältigt hat, das Reintal und die immer kleiner werdende Reintalangerhütte.

Blick über das Reintal und zur Reintalangerhütte

Schließlich passiert man die Baumgrenze und findet sich in mitten eines Geröllfeldes. Spätestens hier machen sich die Wanderstöcke bezahlt. Auf dem losen Untergrund rutschen wir immer wieder ein paar Zentimeter hinab. Der Weg schlängelt sich serpentinenartig immer höher, die Knorrhütte ist nach wie vor nicht zu sehen.

Weg zur Knorrhütte

Wir kämpfen uns von Markierungspunkt zu Markierungspunkt bis wir schließlich nach 2 Stunden an der Knorrhütte ankommen. Auch diese hat wegen Baumaßnahmen leider geschlossen, sodass uns der Mauervorsprung als Raststelle reichen muss.

Knorrhütte

Die Anstrengung wird so langsam deutlich spürbar. Wer also die Tour auf zwei Tage aufteilen möchte, hätte, neben der Reintalangerhütte, auch hier die Möglichkeit zu übernachten und das letzte Stück am zweiten Tag anzugehen. Aber das ist eben nicht unser Plan. Hier an der Knorrhütte treffen zudem die Wanderer, welche von Ehrwald aus starten, auf die Tour. Wir begeben uns auf das nächste Teilstück und sehen, nach den ersten weiteren erklommenen Höhenmetern, das erste Mal weitere Wanderer welche an der Knorrhütte ankommen.

Unser nächstes Ziel ist die Talstation der Gletscherbahn. Es geht zunächst im Vergleich zu dem vorhergehenden Abschnitt gemächlich über das Platt. Der Weg sollte normalerweise leicht zu finden sein, uns fehlen jedoch die Orientierungspunkte, welche in zum Teil tiefen Schneefeldern begraben sind. Der Weg wird zunehmend mühsamer. Der richtige Weg (falls es denn der richtige Weg ist) ist nur an den Fußspuren im Schnee zu erahnen. Wir stapfen durch den immer tiefer werdenden Schnee, hinter jedem Hügel folgt ein neuer Hügel. Die Stationen der Liftanlagen und auch die Talstation der Gletscherbahn sind schon von Weiten zu sehen, nur näher kommen wollen sie einfach nicht. Das letzte Stück zieht schließlich sämtliche Kraft aus uns heraus. Der zunehmend steiler werdende Weg durch den Tiefschnee lässt uns immer wieder einen Schritt hinab rutschen. 2 Stunden später kommen wir schließlich am Gletscherbahnhof an.

Weg über das Zugspitzplatt

Es ist mittlerweile 15 Uhr. Knapp zwei Stunden würden uns für den letzten Abschnitt bleiben, nachdem wir am letzten Abschnitt doch einiges an Zeit haben liegen lassen. Der Blick auf die Zugspitze vor uns, aber vor allem auf den Weg über das verschneite Geröllfeld der sich nur erahnen lässt, lässt uns dann aber doch kapitulieren. Zu groß ist das Risiko es nicht rechtzeitig zu schaffen oder aber nach einer Stunde aufgeben zu müssen und somit auch die Chance vertan zu haben mit der Gletscherbahn nach oben zu fahren. Die Ausweichmöglichkeit wäre zwar mit der Tiroler Zugspitzbahn nach Ehrwald zu fahren (diese fuhr heute auf Grund des Fondue Abends bis 21:30 Uhr) aber auch dann müssten wir uns zu diesem Zeitpunkt sicher sein, dass wir es bis nach ganz oben schaffen würden. Die Entscheidung in die Gletscherbahn zu steigen war somit wohl die vernünftigste, auch wenn der Stachel dann doch tief sitzt, es eben nicht bis nach ganz oben geschafft zu haben.

Schlussendlich stehen insgesamt 21 km auf dem Tableau. 2.054 hinaufgestapfte Höhenmeter. Bei einer Zeit von ca. 9 Stunden inklusive Pausen. Wir lassen uns diese Leistung auch nicht klein reden, irgendwann schaffen wir auch den letzten Anstieg.

In der Talfahrt ist die Nutzung der Gletscherbahn inkludiert, so dass auch bei spontaner Entscheidung diese zu benutzen, nicht ein zusätzliches Ticket gekauft werden muss. Wir steigen also in die Seilbahn, welche uns bequem in 5 Minuten bis zum Gipfel bringt. Mittlerweile hat es sich auch zugezogen, von dem einst schönen Frühsommertag keine Spur mehr. Am Gipfel selbst sind nur wenige Besucher. Wir wollen zumindest noch das Gipfelkreuz besteigen, begeben uns also zuerst auf die oberste Terrasse und suchen den kleinen Klettersteig den es auf dem Weg zum Kreuz zu erklimmen gilt. Auch das wird uns schließlich verwehrt, der Steig selbst ist unter einem guten Meter Schnee begraben, die Sicherungsseile ebenfalls. Nun könnte man das ganze natürlich ohne Sicherung machen (die Spuren im Schnee deuten daraufhin das das bereits welche probiert haben) aber dann läuft man eben auch Gefahr von der Zugspitze zu fallen. Also nur ein paar entfernte Selfies mit im Nebel verschwindenden Kreuz geschossen und dann hinein in die Bergstation, ein Gipfelbier haben wir uns allemal verdient. Das müssen wir dann aber auch rasant hinunter stürzen, denn hinter uns wird bereits ausgekehrt.

Die Zugspitz Seilbahn bringt uns dann um 16:30 Uhr in entspannten 10 Minuten zur Talstation am Eibsee. Mittlerweile bei wieder uns so bekannten Dauerregen. Wir sind fix und fertig. Mit dem Eibsee Bus geht es zurück zu unserer Ferienwohnung wo wir uns noch schnell frisch machen und uns schließlich noch einmal aufraffen um in das benachbarte Gasthaus Bräuwastl zu gehen. Viel weiter hätten wir es heute Abend sowieso nicht geschafft. Frisch gezapftes Bier, Brotzeitteller, Käsespatzn … was will ein geschundenes Wanderherz mehr.

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